Das A und O in der Pop Musik sind die Vocals! Egal wie ausgefuchst das Arrangement ist und wie präzise und einfühlsam die Backline spielt – mit den Vocals steht und fällt der ganze Song!
Um die möglichst besten Bedingungen für ein korrektes Vocal Signal zu generieren, habe ich folgendes gemacht:
-Den Raum so gut wie es eben geht schalltot machen. Hierzu ein paar Panels an der Wand, Vorhänge zuziehen (weil Glas klingt nicht so gut) und den richtigen Winkel beim Einsingen finden. Ich persönlich geh gerne ganz nah ans Mikro und versuche dabei die Dynamik mit Vor- und Rückwärtsbewegungen des Kopfes abzumildern. Erfordert etwas Übung.
-Zum aufnehmen die ideale Vocal Chain nutzen. Im Beispiel seht ihr meine ‚oldfashioned‘ Vocal Chain. Bin nämlich gerade ein paar Nummern aus den 50er – 60er Jahren am bearbeiten und tüftle an den richtigen Plugs dazu rum:
Zunächst einmal der V76 Preamp. Das ist wirklich ein altes Teil! Wurde für die Beatles in den Abbey Roads Studios eingesetzt. Der Clou entsteht beim Aufdrehen des Signals am Preamp. Geht er leicht in den roten Bereich beim VU Meter, kommt diese Röhrenfärbung hinzu. Ein ganz feiner subtiler Effekt. Aber nicht voreilig absegnen. Lieber etwas damit rumspielen, damit er nicht zu extrem ins Originalsignal eingreift oder (ganz schlecht) verzerrt klingt!
Dann kommt der Bluestripe 1176 – ebenfalls aus den 60ern. Legendärer Kompressor, der aus keiner, auch aktueller Vocalproduktion wegzudenken ist. Die Dr. Pepper Einstellung, die ich schon mal erwähnt habe, sorgt dafür daß die Stimme sehr gleichmässig und präsent daher kommt. Schneller Kompressor mit schneller Attack Zeit und bemerkenswerter Färbung.
Zum Schluß die Erstausgabe des LA2A Kompressor, der mit seiner langsameren Attack Zeit dafür sorgt, daß Konsonanten besser modelliert werden. Und schon jetzt klingt die eigene Stimme schon ziemlich radiotauglich.
Der nächste Schritt ist zwar ein bißchen nervig, lohnt sich aber, um unerwünschte Nebengeräusche zu eliminieren:
Alle Atem- und Rasselgeräusche schneide ich aus dem aufgenommen Signal heraus und – das ist der Supertrick!- anstatt sie zu löschen, lege ich sie auf einen anderen Kanal, der unkomprimiert dem Hauptsignal zugemischt wird. Klingt natürlicher.
Jetzt kommt der grösste Teil der Bearbeitung:
Hier Fummel ich am meisten rum! Erst mal das Signal durch den Autotune schicken. Und zwar dezent! Das soll nicht nach Cher klingen oder aktuelle HipHop Produktionen imitieren, sondern lediglich feine Abweichungen in der Stimme leicht korrigieren. Weniger ist dabei mehr.
Dann hau ich einen Deesser drauf, den ich mit Hilfe des Multiband Kompressors C6 für die oberen markanten Mitten im 6kHz Bereich und Die Höhen oberhalb 10 kHz ansetze. Alles ein wenig aufräumen und scharfe S und K Laute eindämmen. Das was jetzt an Klarheit verloren geht, hole ich mit einem dynamischen Eq wieder raus. Hebe jetzt ein geordnetes Signal oberhalb von 5 kHz wieder dezent an und sorge für die notwendige Präsenz der Stimme.
Dann die Ultrawaffe den Distressor als Kompressor eingesetzt, um die Stimme nach vorn zu bringen.
Veredelung des Signals mit dem Oxford Inflator im 3 Band Modus und zum Schluß diese oldfashioned Bandsättigung mit dem Oxid Tape Rekorder.
Klingt ja schon wirklich perfekt. Insbesondere wenn man noch etwas Hall hinzufügt. Doch für den ultimativen Schliff greife ich nochmal in die Trickkiste:
Dieser Trick stammt übrigens von Andrew Scheps
Wir legen das Hauptsignal auf einen Auxweg und bestücken diese erstmal mit einem Pultec EQ der die Bässe bei 100 Hz absenkt und die Höhen um die 12 kHz anhebt. Dahinter wieder einen La2A Kompressor. Um dem Signal die verlorengegangene Wärme wieder zurückzugeben einfach noch einen Pultec hinterher mit der Anhebung bei 100 Hz. Das ganze wird vorsichtig zum Originalsignal hinzugemischt. Ihr seht, was das alles für ein Gefummel ist, aber es lohnt sich wirklich wie ich finde.
P.S. kleiner Nachtrag: den autotune musste ich rausschmeissen. Klingt überhaupt nicht nach 50´s 60´s. Muss ich mich eben mehr anstrengen beim Singen.